Quelle: http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gen/2014/nein-zum-praenatest-pr%C3%A4natales-screening-down-syndrom-nicht-einf%C3%BChren
(Berlin, 1. September 2014) Das Gen-ethische Netzwerk startet eine Unterschriftenaktion gegen die Einführung nicht-invasiver Pränataldiagnostik in die Regelversorgung von Schwangeren. Schon in der vergangenen Woche hatten wir gemeinsam mit BioSkop und dem Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik eine Stellungnahme verfasst, in der wir den Gemeinsamen Bundesausschuss auffordern, seine Entscheidung über die probeweise Einführung des Bluttests auf das Down-Syndrom beim Ungeborenen in die Schwangerenversorgung zurückzunehmen.
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Die Onlinepetition des GeN richtet sich an den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) und an die Bundestagsausschüsse für Gesundheit und für Frauen und Familie und kann hier unterzeichnet werden. Anlass ist die vom G-BA im April dieses Jahres beschlossene probeweise Einführung des nicht-invasiven Bluttests zur Feststellung des Down-Syndroms beim Ungeborenen in die Schwangerenversorgung, über die wir in der Juniausgabe des Gen-ethischen Informationsdienstes (GID) ausführlich berichtet haben. Mit der Unterschriftenaktion wollen wir den öffentlichen Druck auf den G-BA und die Politik erhöhen, sich mit unserer Kritik zu beschäftigen.

Die grundsätzlichen Erwägungen, aus denen heraus wir den Beschluss des G-BA kritisieren, sind in einer gemeinsamen Stellungnahme von GeN, BioSkop und vom Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik formuliert, die bereits vergangene Woche an den G-BA, die Bundestagsausschüsse für Gesundheit und für Frauen und Familie und an die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung gegangen ist.

Darin kritisieren wir, dass bereits heute Ultraschalluntersuchungen und Ersttrimester-Screening „die Schwangerenvorsorge individuell, gesellschaftlich und ärztlich auf die vorgeburtliche Suche nach Risiken und den möglichen Abbruch gewollter Schwangerschaften verengt“ haben. Weil die vom G-BA geplante Finanzierung der Kosten des Bluttests aus Versichertengeldern absehbar zu einem pränataldiagnostischen Screening auf Trisomie 21 führen wird, werden sich diese bedenklichen Tendenzen noch verstärken. Mit ihnen verbunden ist eine „symbolische Abwertung von Menschen mit Behinderungen“, denn Beeinträchtigungen erscheinen in der Praxis der Schwangerenvorsorge als „Risiken“ und damit als zu vermeidendes Unglück. Deshalb fordern wir den G-BA dazu auf, die Entscheidung über eine probeweise Einführung des Bluttests in die Regelversorgung unverzüglich zurückzunehmen!

Zudem kritisieren wir scharf, dass das vom G-BA beschlossene Erprobungsverfahren keinerlei Raum für die notwendige gesellschaftliche Diskussion vorsieht. Zwar hat der G-BA im Rahmen seiner derzeitigen Beratungen über die Ausgestaltung der Studie dazu aufgefordert, Einschätzungen abzugeben, allerdings ausschließlich zu Studiendesign und Methodik. Vertreter/innen aus Behindertenverbänden, Frauenorganisationen oder Wissenschaft, die sich Sorgen um die Ausweitung der Pränataldiagnostik machen, sind damit nicht adressiert. Es ist aber vollkommen inakzeptabel, dass Testverfahren mit so weit reichenden Konsequenzen wie die nichtinvasive Pränataldiagnostik quasi auf dem Verwaltungsweg Eingang in die Regelversorgung finden. Deshalb fordern wir von der Politik, umgehend tätig zu werden und unter anderem die derzeit geltenden Regelungen für Erprobungsverfahren zu revidieren!

Hintergrund des von uns kritisierten Beschlusses ist das 2011 in Kraft getretene Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG), das es dem G-BA erlaubt, auf Antrag von Herstellern für die Bewertung neuer Diagnose- und Behandlungsmethoden selbständig Studien zu initiieren, wenn deren Nutzen noch nicht ausreichend belegt ist, das heißt, neue Verfahren oder Medikamente probeweise in die Regelversorgung zu übernehmen, um damit Daten für die medizinische Nutzenbewertung zu gewinnen.

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GeN_BioSkop_Netzwerk.pdf 222.08 KB